Alles Speed Dating
- Alessa Prochaska
- 7. März 2019
- 3 Min. Lesezeit

Alles Speed Dating
Nachdem ich die Tinder-App nach 1,5 Monaten gelöscht habe, musste eine Alternative her.
Beim Fortgehen möchte ich in Ruhe herumhüpfen und keine Smalltalk-Fragen beantworten müssen. Im Supermarkt kann ich auch keine Männer kennenlernen, da ich da meistens schon ziemlich hungry bin und wie ein Gorilla wahllos Lebensmittel in den Einkaufwagen schmeiße und dabei mit niemandem kommunizieren möchte. Und wenn ich damit fertig bin, kenn ich nur ein Ziel: Die Kassa.
Aber kennt ihr diese Frauen, die beim Trainieren im Fitnessstudio mit Sport-BH und Shorts laufen gehen, nicht schwitzen und graziös auf dem Laufband aussehen? Ja? Genauso bin ich nicht. Mein Papa hat mir beigebracht, immer mein Bestes zu geben. Also mach ich das auch im Fitnessstudio mit hochrotem Kopf, verschwitztem Lotter-Leibchen und Wimperntusche auf der Wange. Ergo: Ich kann auch im Fitnessstudio nicht auf Männerjagd gehen.
Da kam mir Feldwebel Melanie wieder in den Sinn. Vielleicht kennt ihr sie noch von „Alles Ausgezogen“. Sie ist mein Fels in der Brandung, der Gin zu meinem Tonic und meine Single-Chaos-WG Mitbewohnerin. Nach ein paar Drinks hatten wir die wunderbare Idee, dass Speed-Dating DIE Lösung sein könnte. Gesagt, getan. Wir haben uns angemeldet und durchliefen bis zum besagten Tag einige Phasen. Es gab die „Damn, it! Wir brauchen das nicht-Phase“, die „Fuck, was wenn wir keine Nummern bekommen“-Phase und die „Ach geh ma hin! Vielleicht wird daraus ein Blog-Beitrag“-Phase.
An einem arschkalten Mittwochabend begaben wir uns in die besagte Bar. Das taten wir eine Stunde bevor alles begann, weil wir die Lage checken wollten. Also ich wollte die Lage checken und Melanie wollte ihre Nervosität mit Spritzern aus dem Weg räumen. So saßen wir gemeinsam bei einem Tisch und gingen nochmal unsere Strategie durch. Eines war klar: Wir können NICHT auf zwei benachbarten Tischen sitzen. Da würden wir niemals ernst bleiben könnten. Ich muss ja schon zum Schmunzeln anfangen, wenn ich sie nur ansehe.
Als die Tische ausgewählt wurden, wurde auf jedem eine Nummer platziert. 12 Tische, an denen jeweils zwei Leute saßen. Das bedeutet, 12 Mal „Ich komm aus Wien, aber ich bin sehr nett.“. Okay, das kann ich.
Die Mädels mussten nach vier Minuten den Tisch wechseln. Wir haben einen großen Zettel mitbekommen, auf dem wir unser Gegenüber bewerten konnten. Voll motiviert startete ich mein erstes Speed Dating. Mit aufmerksamen Augen und einem Lächeln im Gesicht konzentrierte ich mich voll und ganz auf mein Gegenüber. Und nach und nach wurde mir klar: vier Minuten können unerträglich lang sein…
Ich möchte euch unsere zwei Highlight-Partner vorstellen:
Kandidat 1
1: Du kummst owa ned aus Linz, oda?
A: Gut erkannt Sherlock! Ich komme aus Wien.
1: Hob i ma e docht. Der Dialekt is sicha ned von do, wö do leben nur nette Menschen.
A: Ähm, ich bin natürlich auch sehr nett – eh klar.
1: Jo, na kloar. Kennst den: „Wie nennt man a nette Wienerin?“
A: Ich weiß nicht.
1: Touristin.
A: Ooookay.
1: Weißt wer sich beim „Ungustl“ Sein zwa moi beim Gott augstellt hot?
A: Wiener?
1: Hahaha! Jo, genau! Host den kennt?
A: Nein, ich hab nur geraten.
1: Ah okay. Supa Wuchteln, gö?
A: Ich mein, versteh mich nicht falsch: Ich check das schon, dass Wiener verorschen lustig ist und bis zu einem bestimmten Teil verstehe ich das auch absolut. Aber du hast mir jetzt zwei von vier Minuten erzählt, wie blöd, hässlich und unwitzig Wiener sind.
Stille
1: Jo, okay. Host recht. Vielleicht hob is a bissl übertriebn. Jetzt geh ich‘s oba richtig au. Oiso waßt du, wia ma Sauerkraut mocht? Wö ich hob gestan an Sauerkrautschädl kaft und dann hob i den g‘schnittn und donn eingelegt und donn fermentiert und donn is was gonz Oarges passiert…
Kandidat 2
Dieser Kandidat war blind und zuckersüß.
2: Was ist das Wichtigste für dich bei deinem Partner?
A: Er darf kein DJ sein, er muss viel größer sein als ich, er muss ehrgeizig sein, Leidenschaft besitzen und so einen verkorksten Humor haben wie ich. Und er muss sich bei Pokémon sehr gut auskennen.
2: Ah. Okay. Das ist schon sehr spezifisch. Also ich selbst bin ja beeinträchtigt und ich hätte gerne eine Freundin, die das nicht ist. Ich finde es wichtig, dass wenigstens einer Autofahren kann. Das ist bequemer als wenn beide mit der Bim fahren.
A: Das macht Sinn. Und Äußerliches spielt ja dann eigentlich für dich gar keine Rolle.
2: Nein, aber die Stimme ist mir sehr wichtig - du hast eine sehr schöne Stimme.
A: Dankeschön! Und mein Dialekt macht dir gar nichts aus?
2: Jeder Mensch hat Fehler.
Mein Fazit:
Ich habe gelernt, dass vier Minuten sehr lang sein können. Aber generell bin ich froh, dass ich dort war. Ich habe neue Leute kennengelernt, die Melanie hat einen neuen Stalker gefunden und ich kann diese tollen Momente auch noch mit euch teilen.
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