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Alles New York 2

  • Autorenbild: Alessa Prochaska
    Alessa Prochaska
  • 28. Apr. 2018
  • 5 Min. Lesezeit





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Alles New York 2


Dieses blöde eine Prozent! Wenn du „Nemo“ gesehen hast, kannst du dich sicher an diese coole, super chillige und mega entspannte Schildkröte „Crush“ erinnern? Genau so ist mein Freund. Stress ist ein Wort welches er zwar kennt, aber die Bedeutung bis heute noch nie hinterfragt hat und Panik? – ist das nicht der Pickerlhersteller? Ich hingegen bin eher Marlin, der Papa von Nemo – wenn ich wo hin muss, bin ich meistens eine Stunde früher da.


Es war unser Abflugtag und der Flieger ging um 16:40, das Boarding startete um 16:00 und rate mal wo wir um 13:30 noch waren? Genau: Im Central Park. Meilenweit vom JFK Flughafen entfernt. Ich meinte in meiner liebevollen gestressten Art und Weise, bei der ich ganz fest mein Kiefer zusammendrücke und meine Augen zu kleinen Schlitzen werden „ Meinst du nicht, dass wir schon langsam mal zum Hotel gehen sollten?“. Mein Freund sah mich ganz verwundert an „Kein Stress, das geht sich alles locker aus.“


Wir gingen dann schlussendlich doch zum Hotel. Er ging, ich lief. Bei der Rezeption angekommen checkten wir schnell aus und ließen uns nochmals den Weg zum Flughafen erklären. Für alle die noch nie in New York waren: Unser Hotel war am Time Square und JFK war eeeewig weit weg. Auch die Dame an der Rezeption meinte, wir würden auf jeden Fall eine Stunde brauchen. Okay. Um 16:40 geht der Flug, um 16:00 ist boarding und jetzt ist es 14:00. Eigentlich hätten wir um diese Uhrzeit schon längst am Flughafen sein sollen, aber wir sind noch immer in unserem Hotel. Wunderbar. Warmherzig aber sehr streng erklärte ich die Lange: „WIR KOMMEN ZU SPÄT! WIR SOLLTEN JETZT SCHON AM FLUGHAFEN SEIN!“ Meine gefasste und relaxte Art mit der ich ihm diese Worte ins Gesicht schrie, ließ ihn realisieren, dass wir vielleicht doch ein wenig die Zeit vergessen hatten. So liefen wir beide (!) Richtung Metro, hievten unsere schweren Koffer in den Untergrund und suchten nach der richtigen Metro. Wir sprangen in einen Zug, der aber leider in die falsche Richtung fuhr. So stiegen wir bei der nächsten Station wieder aus. Mein Freund, der Navigator der gesamten Reise, sah auf den gegenüberliegenden Zug und stieg mit den Worten „Ich denke, das ist der richtige“ in den Wagon ein. Ich zog meinen Koffer hinter mir her und wollte gerade zu ihm in den Wagen steigen, da schlossen sich die Türen. Und diese Türen gingen nicht mehr auf. Ich stand alleine auf dem Bahnsteig und konnte nur machtlos zusehen wie mein Freund davon fuhr. Ohne mich. Davonfuhr. Leichte Panik machte sich in mir breit. Fragen wie „wo bin ich?“, „wieso verliert mein Freund mich?“ und „wie verdammt nochmal komme ich zu dem verf***ten Flughafen?“ rasten durch meinen Kopf. Tränen liefen mir über die Wange. Alessa allein in New York. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren. Er wägte alle Möglichkeiten ab und analysierte diese auf Machbarkeit und Länge:


1. ich könnte auf ihn warten. ES IST ABER SCHON 14:20

2. ich könnte versuchen ihn anzurufen. ES IST ABER SCHON 14:20

3. ich könnte ihm nachfahren. ES IST ABER SCHON 14:20



Ich sagte zu mir selber „ Alessa, du bist eine Prochaska! Du schaffst das! Fokus! Fokus! Fokus!“. So lief ich zum Netzwerkplan und machte mir klar wo ich bin und wo ich hin möchte. Linie A würde mich anscheinend zum Flughafen bringen. So packte ich meinen Koffer und schoss ihn fast über die gesamten Stiegen hinunter. Dort angekommen fragte ich mit einem pochendem Herzen und roten Augen, ob diese Metro denn zum JFK Flughafen fahren würde. Ich fragte fünf Menschen, drei bejahten und zwei verneinten. Ich hatte keine Zeit mehr weiter zu überlegen und stieg in die Metro ein. Aber meine Fragen sprudelten nur so aus mir heraus und bald wusste jeder Passagier, dass ich zum JFK Airport wollte und mir nicht sicher war ob ich in der richten Metro bin. Die Dame neben mir versicherte mir, dass ich nur mehr 15 Stationen von meinem Ziel entfernt bin und in circa 60 Minuten ankommen werde. Ich sah auf meine Uhr: 14:30... 14:30...plus 60 Minuten...


OH MEIN GOTT!!!! Das wird aber mehr als knapp! Unruhig rutschte ich auf meinem Metrositz umher und versuchte den Metrodurchsagenmensch zu verstehen. Das ist aber leider ein Ding der Unmöglichkeit. So saß ich da und hoffte, dass ich irgendwann „JFK Airport“ durch die Plastikscheibe lesen würde. Ein anderer Mitfahrer überbrachte mir dann die nächste Hiobsbotschaft: Meine Reise sei noch lange nicht vorbei, denn ich muss von der Metrostation noch mit einem Air-Train zum Flughafen fahren - Es kommt drauf an zu welchem Terminal ich muss. Ich solle aber mindestens 30 Minuten dazu rechnen. Herrlich. Herrlich. Ich zog meinen Koffer hektisch hinter mir her und lief zum Air-Train. 15:15. Dieser Airtrain fuhr unglaublich langsam. Ich blickte aus dem Fenster und sah die Gebäude neben mir Zentimeter für Zentimeter vorbeischlurfen. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir schon sehr sicher, dass ich den Flug verpassen würde. Als ich endlich an Terminal 4 ankam, bemerkte ein Angestellter mein rotes Gesicht und meine dezenten Schweißflecken unter den Achseln.


Er lief zu mir, sah mir in die Augen und sagte langsam „A.L.L.E.S. I.S.T. O.K.A.Y. Sie sind am Flughafen angekommen. Zu welcher Fluggesellschaft müssen Sie? Okay, einfach die Rolltreppe hinauf, dann sehen sie schon das Logo. Alles ist okay.“ Als ich mit der Rolltreppe in die heiligen Hallen des JFK Flughafens fuhr, erblickte ich ein bekanntes Gesicht. Aber irgendetwas an der Mimik meines Freundes war anders und ungewohnt... Es war ein gewisser Hauch an Stress auszumachen. Wir umarmten uns kurz uns liefen dann schnell zu unserem Schalter. 15:45. Gott sei Dank haben wir gestern schon eingecheckt! Wir warfen die Koffer aufs Band und die Dame von der Gepäckannahme erklärte uns sehr nachdrücklich was die nächsten Schritte sind. Wie ein Coach feuerte sie uns an. Da war mir klar, dass es mehr als knapp wird. Wir rannten zur Sicherheitskontrolle und...warteten dort natürlich in der Schlange. Ich nutze die Zeit meinen wiedergewonnen Reisekumpanen zu fragen wie er denn jetzt eigentlich hergekommen ist.



Der Zug, in welchen er eingestiegen war, war ein Expresszug. Ein Expresszug die komplett falsche Richtung. 15 Minuten lang konnte er nur dasitzen und auf dem Handy sehen, dass er sich immer weiter vom Flughafen entfernt. Als er ausgestiegen ist, wurde ihm klar, dass er nicht einmal Geld mit sich trug, da ich alle wichtigen Reiseunterlagen inklusive Kreditkarten in meinem Bauchtascherl hatte. Die einzige Chance, die er noch hatte war so schnell wie möglich ein Uber-Taxi zu bekommen, da diese über das Handy abgerechnet werden. Er versuchte sich mit einem Wlan zu verbinden. Der zwölfte Versuch war erfolgreich und so bestellte er ein Uber. Nach langen und nicht enden wollenden 8 Minuten Wartezeit sprang er in das Auto. Er erklärte, dass er so schnell wie möglich zum Flughafen müsse. Der Fahrer erklärte ihm, dass jetzt Rush Hour in New York ist und das ziemlich unmöglich sei. Er versprach gutes Trinkgeld zu geben, der Fahrer versprach nichts und gab Gas. Nach circa vier Nahtoterfahrungen hatte er es wirklich zeitgleich mit mir zum Airport geschafft. Mit seiner Geschichte endete auch unsere Wartezeit und wir konnten die Sicherheitsschleuse passieren. Es war 16:10. Wir befanden uns beim Gate D1 und unser Flug startete von Gate D89. Also liefen wir schweißgebadet unserem Flugzeug entgegen. Um 16:20 erreichten wir unser Gate. Das Boarding war noch nicht abgeschlossen und so zeigten wir unser Ticket her und bestiegen das Flugzeug. Ich war sehr glücklich.


Mit roten Bäckchen und zerzaustem Haar blickte ich zu ihm hinüber. Er nahm meine Hand, lächelte spitzbübisch und sagte „Siehst du Schatzi, kein Stress, ist sich alles locker ausgegangen“. New York ist die Hauptstadt der Lichter, der hupenden Autos, der verrückten Vögel… eigentlich ist New York die Hauptstadt der ganzen Welt, würde ich meinen. Nach unserer Tour durch Florida haben uns die Vereinigten Staaten in New York eine komplett andere Seite gezeigt. Und dies auf einem Schachbrettmuster, bestehend aus Avenues und Streets. Auf diesem Schachbrett, das die Welt bedeutet, muss man sich mal durch die 8 Millionen Menschen durchkämpfen, um überhaupt mitspielen zu können.



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